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Detlef Beyer


Nationale Gesetze zur Umsetzung des European Accessibility Acts
Die Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA) ist noch im Gange. Alle EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den EAA bis zum 28. Juni 2022 in nationales Recht umsetzen. Obwohl der EAA einen gemeinsamen Rahmen vorgibt, können die einzelnen Mitgliedstaaten in ihren Umsetzungen durchaus individuelle Nuancen berücksichtigen.
Die EAA verweist auf die EN 301 549 öffnet sich in einem neuen Tab als Standard für eine barrierefreie digitale Lösung, wobei hier die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 A und AA als Referenz herangezogen werden.
Obwohl die EAA einen gemeinsamen Rahmen für die Einhaltung in der gesamten EU vorgibt, sind die einzelnen Mitgliedstaaten dafür verantwortlich, diesen Rahmen in ihr nationales Recht zu überführen. Die nationalen Umsetzungen der einzelnen Länder können dabei individuelle Nuancen enthalten. So haben beispielsweise einige Mitgliedstaaten zusätzliche Anforderungen und spezifische Durchsetzungsmechanismen festgelegt:
- Frankreich verlangt von einigen Organisationen, jährliche und mehrjährige Aktionspläne für digitale Barrierefreiheit zu erstellen.
- Spanien sieht erhebliche Strafen für Verstöße gegen die EAA vor (150.000 € bis 600.000 €).
- In Irland kann die Nichteinhaltung der EAA mit Freiheitsstrafen geahndet werden. Sowohl Unternehmen als auch ihre Direktoren, Manager, Sekretäre und andere leitende Angestellte können nach den Verordnungen für ein Vergehen verurteilt werden.
- In Italien erhalten Unternehmen, die bereits unter das Stanca-Gesetz fallen, eine Frist von 90 Tagen, um die Anforderungen an die Barrierefreiheit zu erfüllen, andernfalls drohen Geldstrafen von bis zu 5 % ihres Jahresumsatzes.
Fast, aber doch nicht zu 100% identische Regeln
Unternehmen, die in der EU tätig sind, sollten die lokalen Gesetzgebungen verfolgen, um in den verschiedenen Ländern die vollständige Einhaltung der Barrierefreiheit sicherzustellen.
Nachfolgend befindet sich eine kurze, länderspezifische Vergleichstabelle, die nun einige EU-Mitglieder, das Vereinigte Königreich und die Schweiz umfasst. Beachten Sie, dass die Tabelle einen Schnappschuss der aktuellen Ansätze darstellt – nationale Umsetzungen können dynamisch sein und Aktualisierungen unterliegen.
Land | Nationale Gesetzgebung | WCAG Referenz | Ziel für die digitale Barrierefreiheit | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Germany öffnet sich in einem neuen Tab | Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und weitere bestehende IT-Barrierefreiheitsgesetze (z. B. BITV 2.0) | Verweist häufig auf WCAG 2.1 AA | Zielt in der Regel auf WCAG 2.1 AA für digitale Dienste ab | Die Durchsetzung wird von Bundesbehörden verwaltet, wobei laufend Updates zur Entwicklung der Technik erfolgen. |
France öffnet sich in einem neuen Tab | Dekret Nr. 2023-931 vom 9. Oktober 2023 bezüglich der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen bei Produkten und Dienstleistungen | RGAA – ein von WCAG inspiriertes nationales Standardwerk | Zielt auf Ergebnisse ab, die WCAG 2.1 AA entsprechen oder strenger sind | Das RGAA bietet einen maßgeschneiderten Ansatz für öffentliche Webseiten mit detaillierten technischen Kriterien. |
Italy öffnet sich in einem neuen Tab | 2004 führte Italien sein primäres allgemeines Barrierefreiheitsgesetz, die Legge vom 9. Januar 2004, Nr. 4 (bekannt als Stanca-Gesetz) ein. Die EAA wird nun durch das Decreto Legislativo Nr. 82/2022 abgedeckt. | Verwendet WCAG-Referenzen neben nationalen UNI-Standards | Ausgelegt, um sich an den Prinzipien von WCAG 2.1 AA auszurichten | UNI-Standards ergänzen WCAG, indem sie spezifische lokale technische und rechtliche Anforderungen berücksichtigen. |
Spain öffnet sich in einem neuen Tab | Gesetzgebung wie Ley 11/2023 | WCAG 2.1 wird informell als Benchmark übernommen | Zielt im Allgemeinen auf WCAG 2.1 AA für öffentliche Stellen ab; regionale Unterschiede können auftreten | Die Durchsetzung kann je nach autonomer Region variieren, wobei in einigen Gebieten zusätzliche Maßnahmen eingeführt werden. |
Netherlands | Für Organisationen gelten die Regelungen zur Barrierefreiheit von Produkten im Rahmen des Warenrechts, während Dienstleistungen je nach Art des Dienstes durch unterschiedliche Gesetze und Verordnungen geregelt werden. | Integriert WCAG-Prinzipien als Grundlage | Zielt auf Ergebnisse ab, die WCAG 2.1 AA vergleichbar sind | Ein proaktiver Ansatz mit Initiativen zur Förderung der digitalen Inklusion setzt häufig hohe Maßstäbe. |
Sweden öffnet sich in einem neuen Tab | Schwedisches Barrierefreiheitsgesetz und ergänzende nationale Richtlinien | Integriert WCAG-basierte Standards | Im Wesentlichen äquivalent zu WCAG 2.1 AA, mit einigen erweiterten Bestimmungen | Fokussiert sowohl auf den öffentlichen als auch auf den privaten Sektor und fördert ein inklusives Design für alle digitalen Dienste. |
Poland öffnet sich in einem neuen Tab | Polnisches Barrierefreiheitsgesetz, 26. April 2024 | Verweist in der Umsetzung auf WCAG-Richtlinien | Zielt in der Regel auf die Einhaltung von WCAG 2.1 AA ab; Details sind im Wandel | Durchsetzung und technische Spezifikationen werden im Rahmen der Aktualisierungen weiter verfeinert. |
Austria öffnet sich in einem neuen Tab | Barrierefreiheitsgesetz und Änderung des Sozialministeriumservicegesetzes | Orientiert sich im Allgemeinen an WCAG 2.1 AA | Zielt auf vergleichbare Niveaus wie WCAG 2.1 AA ab | Setzt die EU-Richtlinie mit nationalen Anpassungen um; ähnlich wie in anderen EU-Mitgliedstaaten. |
Belgium öffnet sich in einem neuen Tab | Ein mehrschichtiger Ansatz mit sowohl föderalen als auch regionalen Maßnahmen neben der EU-Umsetzung | Übernimmt häufig WCAG 2.1 AA als Benchmark | Zielt in der Regel auf WCAG 2.1 AA für öffentliche Dienste ab | Unterschiede treten zwischen den Gemeinschaften (Flandern, Wallonien, Brüssel) auf, was ein dezentrales Modell widerspiegelt. |
UK öffnet sich in einem neuen Tab | Equality Act 2010 und die Accessibility Regulations 2018 für öffentliche Stellen (Websites und Mobile Applications) | Schreibt WCAG 2.1 AA für digitale Inhalte vor | Erfordert typischerweise die Einhaltung von WCAG 2.1 AA | Obwohl außerhalb der EU, orientiert sich das Vereinigte Königreich an ähnlichen Standards für öffentliche digitale Dienste. |
Switzerland öffnet sich in einem neuen Tab | Bundesgesetz über die Beseitigung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen (BehiG) und zugehörige Verordnungen | Nutzt WCAG 2.1 AA als Richtlinienreferenz (freiwillige Angleichung) | Zielt auf Ergebnisse ab, die WCAG 2.1 AA für öffentliche Dienste ähnlich sind | Nicht an den EU-Rahmen gebunden; der Ansatz ist freiwilliger, tendiert aber zu EU-ähnlichen Zielen. |
Zusammenfassung
- Gemeinsamer Rahmen:
Die meisten Länder beziehen sich auf WCAG 2.1 AA – oder auf davon inspirierte Rahmenwerke (z. B. das RGAA in Frankreich) – als Mindestmaßstab für digitale Barrierefreiheit, insbesondere im öffentlichen Sektor. - Unterschiede in der Umsetzung:
Obwohl das übergeordnete Ziel die Harmonisierung ist, führen nationale Rechtstraditionen zu Unterschieden in Terminologie, Durchsetzung und ergänzenden Standards (z. B. Italiens UNI-Standards oder regionale Unterschiede in Belgien). - Außerhalb der EU:
Das Vereinigte Königreich, trotz seines EU-Austritts, hält durch eigene Gesetzgebungen ähnliche Standards für die Barrierefreiheit im öffentlichen Sektor aufrecht. Die Schweiz, obwohl nicht an EU-Richtlinien gebunden, passt ihre Richtlinien in der Regel freiwillig an WCAG-Standards an.
Diese Tabelle bietet einen allgemeinen Überblick; für präzise und rechtlich aktuelle Informationen ist es ratsam, die neuesten nationalen Gesetzestexte oder spezialisierte Barrierefreiheitsberichte der einzelnen Länder zu konsultieren. Dieser Text stellt keine Rechtsberatung dar.
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