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Detlef Beyer
Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten
Ende Juni 2025 ist es so weit: Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ihre digitalen Inhalte barrierefrei anzubieten. Diese Vorgaben betreffen alle digitalen Formate, sofern diese für die Kunden der Unternehmen zur Verfügung stehen. Damit sind Websites, EMails oder PDF Dokumente betroffen. Obwohl für die Websites bereits gut beschriebene Strategien und Techniken für eine barrierefreie Lösung zur Verfügung stehen, sind viele Unternehmen leider weiterhin von einer tragfähigen Lösung entfernt. Noch ein wenig schlechter dürfte die Situation beim PDF Format sein. Die Umsetzung der Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten verlangt eine eigene Strategie.
Warum PDFs besonders herausfordernd sind
Die Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten hängt stark von den verwendeten Werkzeugen ab. Ob ein Prospekt eingescannt, eine Rechnung automatisch generiert oder ein Katalog in InDesign erstellt wurde – der Weg zur barrierefreien Umsetzung unterscheidet sich deutlich. Besonders problematisch sind Scans und Dokumente, die ohne Berücksichtigung von Barrierefreiheit erstellt wurden.
Erster Schritt: Die Prüfung vorhandener Dokumente
Ein erster Schritt könnte eine Prüfung von vorhandenen Dokumenten sein. Dies hilft nicht nur dabei, dass der Umfang der notwendigen Arbeiten abgeschätzt werden kann. Der Test zeigt darüber hinaus sehr gut, an welchen Stellen das bisherige Vorgehen Probleme aufwirft. Wie bei allen Werkzeugen für eine automatisierte Prüfung der Barrierefreiheit, so wird auch hier nur ein erster Eindruck erreicht werden können. Mehr als 30% aller Probleme werden diese Werkzeuge nicht finden – aber das ist auf jeden Fall ein guter Anfang. Eine manuelle Prüfung, insbesondere unter Einsatz eines Screenreaders, muss zu einem späteren Zeitpunkt trotzdem erfolgen.
Zwei Werkzeuge für eine automatisierte Barrierefreiheits-Überprüfung von PDF-Dokumenten sind der PDF Accessibility Checker (PAC) öffnet sich in einem neuen Tab (leider nur für Windows) und Adobe Acrobat Reader Pro öffnet sich in einem neuen Tab. Darüber hinaus bieten einige Programme bereits einen Test für die Barrierefreiheit in der Anwendung selber an. Zum Beispiel Word öffnet sich in einem neuen Tab mit „Barrierefreiheit überprüfen“.
Relevant für die Prüfung – zumindest im Hinblick auf den rechtlichen Rahmen – sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 Level A und AA. Es gibt noch die PDF/UA (Universal Access, or ISO 14289) Norm, auf die wir hier aber nicht näher eingehen. Zu erwähnen wäre lediglich, dass ein PDF mit PDF/UA Kennzeichnung als barrierefrei anzusehen ist.
Was ist zu tun?
Die notwendigen Maßnahmen zur Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten hängen stark davon ab, wie ein PDF erstellt wurde:
- Scans: Diese sind in der Regel nicht barrierefrei und erfordern eine umfassende Nachbearbeitung.
- Automatisch generierte PDFs: Hier muss die zugrunde liegende Software-Bibliothek entsprechend angepasst werden.
- InDesign-Dokumente: Bei korrekter Nutzung der Funktionen von InDesign (z. B. Export-Tags) können barrierefreie PDFs direkt erstellt werden.
Eine schlechte Praxis ist das Erstellen von PDFs über die Druckfunktion eines Programms. Besser ist es, die Funktion „Speichern unter“ in Word (mit der Option „Optimal für elektronische Verteilung und Barrierefreiheit“) oder den interaktiven PDF-Export in InDesign öffnet sich in einem neuen Tab zu verwenden.
Typische Probleme hinsichtlich der Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten sind:
- Fehlende Dokumententitel
- Keine Sprachdeklaration
- Nicht vorhandene Tags zur Strukturierung des Inhalts
- Fehlende Alternativtexte für Grafiken
- Unlogische Lesereihenfolgen (z. B. bei mehrspaltigen Texten)
- Unzureichende Farbkontraste
- Nicht tastaturbedienbare Links
Die ersten beiden Probleme lassen sich sehr leicht lösen. Die fehlenden Tags können dagegen bei einer nachträglichen Bearbeitung ausgesprochen lästig werden und die Lesereihenfolgen kann eine Anpassung des Layout erforderlich machen.
Der Weg zur barrierefreien PDF-Erstellung
Neue Dokumente sollten direkt barrierefrei erstellt werden. In Word helfen Formatvorlagen, während in InDesign Absatzformate und Objektexportoptionen genutzt werden sollten. Wichtig ist, dass Überschriften und Absätze korrekt mit Export-Tags versehen werden, z. B. H1 bis H6 für Überschriften und P für Absätze. Adobe bietet dazu umfassende Anleitungen: InDesign und barrierefreie PDFs öffnet sich in einem neuen Tab.
Für bestehende PDFs ist eine manuelle Nachbearbeitung notwendig, z. B. mit Adobe Acrobat Reader Pro. Besonders bei komplexen Layouts (z. B. mehrspaltige Texte) kann dies jedoch sehr zeitintensiv sein – und in Einzelfällen sogar scheitern.
Fazit: Frühzeitig handeln
Bei unseren Projekten prüfen wir bestehende Dokumente, bewerten sie hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit und entwickeln gemeinsam mit unseren Kundinnen und Dienstleisterinnen eine Strategie zur Umsetzung. Da viele Dokumente in einem jährlichen oder halbjährlichen Rhythmus erstellt werden, muss dieser Prozess frühzeitig angestoßen werden.
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